Otto Rudolf Schatz
Realismus der Nachkriegsjahre – Resumee
1945–1961
Im November 1945 kehrte Schatz aus Prag nach Wien zurück. Angesichts des Erlebten war für ihn die Bildsprache eines expressiven Realismus die adäquate Möglichkeit künstlerischen Ausdrucks. Die Kriegsjahre, die Zeit des Exils und der Terror des Konzentrationslagers hinterließen gravierende Spuren im Werk des mit wenigen Unterbrechungen kontinuierlich tätigen Künstlers. Als Zeitzeuge malte und dokumentierte er in einer Grafikserie wie in einer fotografischen Bildreportage das lädierte Wien als desaströse, dystopische, apokalyptische Topografie.
1946–1961 wurde Schatz durch Kulturstadtrat Viktor Matejka gefördert und begleitete malerisch den Wiederaufbau (Blick auf den Stephansdom vom ersten Wiener Hochhaus, um 1955). Er erhielt Aufträge für Fresken, gewann 1951 den Wettbewerb für ein Mosaik im Westbahnhof und malte 1953 Szenen zum Wiederaufbau des Druckerei- und Zeitungswesens für die Druckerei Waldheim Eberle. Außerdem gestaltete er Sgraffiti und Mosaike an Wiener Gemeindebauten, z. B. für 100.000 neue Wiener Gemeindewohnungen 1955–1957 für die Wohnhausanlage Franz-Novy-Hof im 16. Wiener Bezirk.
Resumee
Betrachtet man die künstlerische Leistung von Schatz im Vergleich mit seiner Anerkennung, wird im Gegensatz zu anderen Künstlerpersönlichkeiten dieser Zeit in Österreich rasch klar, dass die Beharrlichkeit seines politischen Engagements, das eine seiner Schaffensgrundlagen war, ebenso wie die zeithistorischen Ereignisse dazu beigetragen haben, dass er nach seinem Tod nahezu in Vergessenheit geriet. Die Ursachen liegen einerseits in biografischen Bruchlinien, politischer Verfolgung und Exil und der daraus folgenden Diskontinuität seiner Entwicklung. Andererseits hielt er zudem Stilfragen Zeit seines Lebens für irrelevant, was seine Rezeption zweifellos beeinträchtigt hat. Seine Intention war jedoch nicht, Kunst als intellektuellen Diskurs zu schaffen, sondern aus dem Erlebten heraus Werke hervorzubringen, die für ihn die jeweilige Essenz der Zeit enthielten. Besonders heute faszinieren diese vielgestaltigen künstlerischen Statements in ihrer Unmittelbarkeit und Direktheit. Die Fähigkeit der Avantgarde, kreativ auf das Leben zu reagieren und dieses in Kunst zu überführen, zeichnete ihn in hohem Maß aus. Erst im Zuge der Revision der Neuen Sachlichkeit erkannte man seine wesentliche Bedeutung als Künstler und aufmerksamer Zeitzeuge, der mit seinem Werk die Erste und die Zweite Republik kritisch mitgestaltend begleitet hat.